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Wo einst Karl der Große Heere zusammenrief

Artikel vom 18. Februar 2025

Das Verbandsgebiet des WAZV „Bode-Wipper“, so verrät der Name, ist geprägt durch seine Flüsse: Bode und Wipper. In einer zweiteiligen Serie geht die WASSERZEITUNG den beiden historischen Wasserwegen näher auf den Grund. Teil 1: die Bode.

Beim Blick in die Geschichte ist klar, dass Staßfurt in seiner Identität eng verstrickt ist mit seinem Fließgewässer. „Das zeigt ja schon der Name der Stadt“, sagt Rico Schäfer, Vorsitzender vom Staßfurter Geschichtsverein. Wie bei vielen Siedlungen, die an Flüssen ihren Ursprung haben, war es eine Furt, die den Übergang über das Fließgewässer ermöglicht hat und den Ort für Handel oder Kriegszüge interessant gemacht hat. Somit war es sinnvoll, sich dort anzusiedeln. „Staßfurt wurde erstmals urkundlich im Jahr 806 erwähnt“, berichtet Schäfer. Damals habe Kaiser Karl der Große zu einer Heeresversammlung zur Furt von „Starasfurt“ gerufen.

Erst Furt, dann Brücke

Etwa 50 Meter von der heutigen zentralen Bodebrücke aus entfernt habe die ehemalige Furt gelegen, sagt der Staßfurter. Eine Brücke zum Ausbau der Handelswege habe auch nicht lange auf sich warten lassen. „Die wurde über die Jahrhunderte immer wieder durch Hochwasser zerstört und wieder aufgebaut, wieder zerstört und wieder aufgebaut.“ Inzwischen hat Staßfurt natürlich mehrere Brücken, die das Stadtzentrum mit dem historischen Ursprung des Ortes, dem Stadtteil Alt-Staßfurt, verbinden. „Von hier aus hätte man vor rund 100 Jahren noch tolle Fotos machen können“, sagt Schäfer mit Bedauern in der Stimme und zeigt auf die Gebäude rund um die Bodebrücke an der Lehrter Straße.

Ein paar historische Überbleibsel, wie etwa das schwarze Pferd auf dem ehemaligen Gasthaus „Schwarzes Ross“ oder das Staßfurter Landhaus sowie der derzeit in Sanierung befindliche Turm der St. Marienkirche, gibt es natürlich immer noch. Aber andere historische Gebäude sind inzwischen verfallen. Die ehemalige „Engländer-Fabrik“ ist 1902 sogar abgebrannt.

Fotos und Telefonbücher

Schäfer und seine historisch interessierten Mitstreiter des Staßfurter Geschichtsvereins ziehen für ihre Recherchen nicht nur alte Fotos, sondern auch Dokumente wie etwa alte Telefonbücher hinzu. „Da muss man dann ab und zu das überdenken, was man als historischen Fakt angenommen hatte“, sagt Schäfer. Früher sei die Bode für ihren Fischreichtum bekannt gewesen. Über 24 Fischarten wurden 1781 noch in Höhe Staßfurts in dem Fließgewässer dokumentiert. „Das wäre heute ein Traum“, sagt Schäfer. Denn die Industrie, die für die Einwohner von Staßfurt rund um den Saline Abbau sowie später die Kalisalzförderung und andere Industrien so wichtig war, hat natürlich negative Auswirkungen auf die Ökologie ihres Flusses genommen. Schließlich sei Staßfurt lange eine reine Industriestadt gewesen.

Tödliche Bootsfahrt

Neben dem Blick zurück in die Vergangenheit der Stadt, schaut Schäfer auch in die Zukunft und hofft, dass die Bode irgendwann besser für die Freizeit der Bürger und eventuell auch den Tourismus genutzt werden kann. Etwa mit einem Radwanderweg und hübschen Rastplätzen am Wasser. Wie damals, als der ortsansässige Fischhändler Paul Lindenberg von 1928 bis 1932 auf dem ehemaligen Mühlgraben, einem künstlichen Nebenlauf der Bode, Bootsfahrten veranstaltete. Diese Freizeitbelustigung nahm jedoch ein tragisches Ende, als Lindenberg sich am 17. Juli 1932 bei einer solchen Fahrt an einer Brücke den Kopf stieß und zu Tode kam. Die Bootsfahrten wurden daraufhin eingestellt und der Mühlgraben in den 1970er-Jahren wieder zugeschüttet.

Wer sich für die Historie der Bode-Stadt Staßfurt interessiert, kann sich auf der umfangreichen Webseite des Geschichtsvereins kundig machen oder mit den Mitgliedern Kontakt aufnehmen.

Karl der Große Heere zusammenrief