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Warum der Geschichtsverein jetzt einen eigenen Raum hat

Endlich eine feste Heimat

Artikel vom 12. Januar 2019

Von Enrico Joo

Nach kurzer Suche hat der Staßfurter Geschichtsverein einen eigenen Vereinsraum direkt in der Innenstadt gefunden. Am Sonnabend fand die interne Eröffnung der Räumlichkeiten statt.

Rico Schäfer liebt Geschichte, den Hauch des Antiquierten, die Jahrzehnte oder Jahrhunderte alten schwarzweißen Bilder. Und. das zeigt der Vorsitzende vom Staßfurter Geschichtsverein mit seinem digitalen Endgerät. Im Internet hat sich der 50Jährige eine Schutzfolie für sein Handy besorgt, auf der die 1965 abgerissene St. Johannis-Kirche in Staßfurt zu sehen ist. Aus Liebe zur Stadt und der Geschichte. So sieht jeder auch gleich, wer Rico Schäfer eigentlich ist und wofür sein Herz schlägt.

Seit 2005 gibt es den Staßfurter Geschichtsverein bereits, er hat 24 Mitglieder, die wie Schäfer ähnliche Emotionen spüren beim Betrachten alter Bilder. Das Vereinsleben ist lebendig, einmal im Monat zu losen Terminen treffen sich die Geschichtsfreunde. Doch immer gab es dieses eine Problem: Wo ist der Treffpunkt? Denn einen Vereinsraum gab es bisher nicht. „Wir haben uns in wechselnden Örtlichkeiten getroffen“, erzählt Schäfer. „Das waren oft Gaststätten.“ Das Problem daran: „Das ist jedes Mal ein großer organisatorischer Aufwand für unseren Verein gewesen.“

Vereinsraum war längst überfällig

Schon der im März 2018 verstorbene langjährige Vorsitzende Heinz-Jürgen Czerwienski hatte also darauf gedrängt, dass der Geschichtsverein einen eigenen Raum bekommt. Seit Sonnabend fußt der Gedanke nun also auf festem Boden. Denn am Wochenende war die interne Eröffnung des neuen Vereinsraums, die eher locker gehalten war. „Alle haben sich gefreut, das war völlig zwanglos“, sagt Schäfer. Es wurde viel geplaudert, gegessen und getrunken, ein Bildvortrag rundete das legere Programm ab. Über den Räumlichkeiten der Wobau am Holzmarkt hat der Geschichtsverein in der zweiten Etage seine etwa 30 Quadratmeter große Heimat gefunden. Der Kontakt kam dabei über die Wobau selbst zustande. Diese hat dem Geschichtsverein den Raum für einen geringen Unkostenbeitrag zur Miete überlassen. „Es gab schnell Gespräche mit Ralf Klar und Daniel Bierbach von der Wobau“, sagt Schäfer. Und genauso schnell wurden sich die Parteien einig.

Bis 1994 hatte die Sparkasse in diesem Haus Räumlichkeiten, aus dieser Zeit stammt die auch noch gut erhaltene Auslegware. Ein bisschen gelbe Farbe kam an die Wände, Gardinen ans Fenster, Mitglieder des Vereins sponserten Möbel, die kleine Küche mit einer Herdplatte, Kaffeemaschine und Wasserkocher. Die Tische und Stühle kamen vom Staßfurter Männerchor um Klaus Stops. Auch Meyer’s Bräustübl war Ansprechpartner und Stütze bei der Ausstattung. Dank guter Kontakte in die Stadt war der Raum schnell mit Leben gefüllt. An die Wände kamen natürlich alte Bilder von Staßfurt.

Dabei ging es dein Verein nicht darum, ein neues Lager zu beziehen. Denn dieses befindet sich weiterhin in der Uhlandschule, die offizielle Vereinsadresse ist zudem weiter in der Löderburger Straße 73. Worum es dem Geschichtsverein ging: „Wir brauchten einen Arbeitsraum, einen Raum, an dem man auch mal seine Papiere ausbreiten kann, ohne jemanden zu fragen“, sagt Schäfer. Denn der Staßfurter Geschichtsverein hat vielfältige Projekte.

Noch in diesem Jahr wird der Verein sein viertes Buch veröffentlichen unter dem Titel „Abriss und Neubeginn – Staßfurts alte Mitte“. Der Verein ist bei Facebook vertreten, pflegt zudem die Staßfurter Straßenbahn auf dem Gelände der Stadtwerke. Interessierte können diese 2010 rückgeführte und den Jahren danach restaurierte Bahn als Museum besuchen. Bis 1957 fuhren in Staßfurt Straßenbahnen, auch der Triebwagen TW 20, der jetzt im Athenslebener Weg 15 steht.

Auch sonst ist der Geschichtsverein ein kompetenter Gesprächspartner in allen historischen Fragen. Oder wussten Sie eigentlich, dass die 1965 endgültig abgerissene Johannis-Kirche in Staßfurt, an deren Stelle heute der Stadtsee ist, schiefer stand als der Turm von Pisa? „Bei einer Höhe von 60 Metern war der Kirchturm 4,65 Meter aus dem Lot“, erklärt Rico Schäfer. Auch eine Folge der wegen des Kalibergbaus um sieben Meter abgesenkten Innenstadt. Und wenige Meter daneben befindet sich heute der neue Vereinsraum des Staßfurter Geschichtsvereins. „Zentraler geht’s ja nicht“, sagt Rico Schäfer und lacht dabei.

Warum der Geschichtsverein jetzt einen eigenen Vereinsraum hat