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Neues Buch über Leopoldshall

Alte Blüte und neue Chancen

Artikel vom 19. November 2020

Staßfurter Geschichtsverein bringt Buch über den Stadtteil Leopoldshall heraus

Von Enrico Joo

Auch in Corona-Zeiten ist der Staßfurter Geschichts-verein sehr aktiv. Noch in diesem Jahr wird der Verein den Fotoband „Leopoldshall. Dorf – Stadt – Stadtteil“ auf den Markt bringen. Die Auflage wird l000 Exemplare umfassen. Die Pläne für einen weiteren Fotoband laufen schon.

Es war alles vorbereitet, aufgeschrieben und sortiert. Das Buch war so gut wie fertig. Und dann gab es doch noch die kleine Neuigkeit, die Rico Schäfer die Schweißperlen auf die Stirn trieb. „Das Haus an der Ecke Hohenerxlebener Straße 98 stand lange leer, so hatten wir es auch ins Buch geschrieben und fotografiert“, erzählt Rico Schäfer, Vorsitzender vom Geschichtsverein Staßfurt. Dann das: „Dann haben wir in der Volksstimme gelesen, dass in dem Haus jetzt ein Imbiss ist.“ Was ja eigentlich gut ist. „Das Foto konnten wir nicht mehr austauschen, aber wir haben dann dazugeschrieben, dass das Haus jetzt nicht mehr leer steht und dass das nach Redaktionsschluss passiert ist.“ Es ist diese kleine Anekdote, die doch zeigt, mit wie viel Herzblut die Mitglieder des Staßfurter Geschichtsvereins bei der Sache sind und wie spontan sie auch noch agieren können.

Neues Buch über Leopoldshall noch vor Weihnachten

Der Geschichtsverein bringt noch vor Weihnachten ein neues Buch auf den Markt. Dieses wird sich ganz dem heutigen Staßfurter Stadtteil Leopoldshall widmen, der aber eine ganz eigene Geschichte hat. „Leopoldshall – Dorf Stadt Stadtteil“, heißt das Buch dementsprechend. Es stellt alte und neue Ansichten auf 144 Seiten gegenüber. Zu jedem Fotopaar gibt es dann ein paar historische Informationen, die einordnen und erklären. Wie schon das Buch „Staßfurts alte Mitte“, das 2019 auf den Markt gekommen ist, zeigt auch das Buch über Leopoldshall alte Straßenzüge und Häuser und stellt diese in den direkten Vergleich, wie sie heute aussehen. Der Band über Leopoldshall soll der zweite Teil einer Trilogie sein. Als nächstes plant der Geschichtsverein einen Fotoband über Alt-Staßfurt, also den ältesten Stadtteil Staßfurts. Heute der Bereich rund um die Marienkirche nördlich der Hode und des Staßfurter Zentrums.

Fotoband Leopoldshall ab dem ersten Advent erhältlich

Das Buch über Leopoldshall wird wie „Staßfurts alte Mitte“ mit einer Auflage von 1000 Exemplaren gedruckt. Die Drucklegung soll am 27. November erfolgen, so dass das Buch ab dem ersten Advent am 29. November käuflich zu erwerben ist. „Eigentlich sollte das Buch schon zum salzlandfest fertig sein. Es ist Corona geschuldet, dass das es nicht geklappt hat“, sagt Rico Schäfer. „Es hat ein Dreivierteljahr länger gedauert als geplant.“ So war es zum Beispiel im Frühjahr kaum möglich, frische Fotos zu machen. Beziehungsweise: In dieser Zeit mitten im ersten Lockdown waren andere Sachen auch wichtiger.

Leopoldshall wurde im Jahr 1855 gegründet und hat seinen Namen vom Fürsten Leopold von Anhalt. Staßfurt und Leopoldshall verbindet das Salz, waren aber getrennt in zwei verschiedenen Fürstentümern. Während Staßfurt einen Steinwurf entfernt preußisch war, gehörte Leopoldshall zum Herzogtum und später zum Freistaat Anhalt. 1919 wurde Leopoldshall als bis dahin größtem Dorf in Anhalt das Stadtrecht verliehen. Die Stadt blühte stark auf. Schon vor dem Ersten Weltkrieg hatte Leopoldshall über 6000 Einwohner. „Fast könnte man sagen: Hafenstadt Leopoldshall“, sagt Uwe Kersten vom Geschichtsverein.

Leopoldshall fast eine Hafenstadt

Denn zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg gab es Pläne, den Mittellandkanal durch die Stadt führen zu lassen und ein Hafenbecken zu bauen. Die Pläne wurden nie umgesetzt, der Stolz der Leopoldshaller aber blieb. Auch wenn die Stadt am 31. März 1946 nach Staßfurt eingemeindet wurde. „Leopoldshall ist riesengroß von der Fläche her, sagt Karl-Michael Beyer vom Geschichtsverein. Noch heute ist der Stadtteil flächenmäßig der größte mit den meisten Einwohnern. Um die 10 000 Einwohner soll es in Leopoldshall noch vor wenigen Jahren gegeben haben. „Das ist natürlich mit Vorsicht zu genießen“, sagt Rico Schäfer. Heute sind es bedeutend weniger, aber doch noch viele Tausend Leopoldshaller. Das Rathaus der Stadt Staßfurt steht heute dort. Ansonsten sind viele Geschäfte an der früher viel belebten Hohenerxlebener Straße (früher Hauptmann Loeper Straße) verschwunden. „Es ist alles nach Staßfurt gegangen“, sagt Karl-Michael Beyer.

Dabei war Leopoldshall nicht nur eine bedeutende Industriestadt. Bis 1994 gab es hier das Theater des Friedens. Es war das letzte Kino in Staßfurt. An der Ecke Kirchstraße in der Hohenerxlebener Straße war das Lutherhaus. Das evangelische Haus der Kultur war ein bedeutender Treffpunkt, ein kulturelles Zentrum. Heute sind die Fenster zugenagelt.

Im Gegensatz zu vielen Straßen im Zentrum und in Nord ist besonders der Sanierungsstau an den Straßen in Leopoldshall offensichtlich. Kaum eine Nebenstraße kommt ohne Stolperfallen aus. Trotzdem: „Die Leute können stolz auf Leopoldshall sein. Es ist viel restauriert, auch wenn vieles im Argen liegt“, so Rico Schäfer. Er meint dabei vor allem die sanierten Häuser.

Gemeinschaftsprodukt mehrerer Mitglieder

Im Gegensatz zu „Staßfurt, alter Mitte“ ist der Fotoband über Leopoldshall tatsachlich ein Gemeinschaftsprodukt mehrerer Mitglieder des Geschichtsvereins. Alle steuerten Bilder bei. Die Bilder kommen aus dem Stadtarchiv und privaten Archiven. „Wir haben auch Einwohner angesprochen, ob sie noch alte Aufnahmen haben“, sagt Uwe Kersten. Am Ende waren es 14000 Bilder. Nicht jede Straße wurde dabei in alter Zeit fotografiert. Einige Neugierige suchen also in dem Band vergeblich nach ihrer Straße. Dir erste Aufnahme datiert aus dem Jahr 1897.

Danach reicht die Spanne von 1900 bis 1990. „Der Aha-Effekt ist entscheidend. Viele haben ihre Jugend in Leopoldshall verbracht und wollen sich mit den Bildern erinnern“, sagt Uwe Kersten. Das erklärt wohl auch das große Interesse. „Viele haben schon im Frühjahr oder Sommer danach gefragt.“ Neue Fotos machten die Mitglieder des Geschichtsvereins selbst. Weil bei den alten Bildern auch Luftaufnahmen dabei sind, holte der Verein wieder Peter Beyer ins Boot, der mit seiner Drohne den heutigen Blick geliefert hat.

Buch in verschiedenen Laden erhältlich

Verkauft wird das Buch ab Ende November bei der Stadtinformation in der Steinstraße 38, über den Verein, die Homepage (www.stassfurtergeschiehtsverein.de), die Frisörläden City Haarmoden von Barbara Stelmecke-Hebestadt, Frisuren Paradies (beide in der Hohenerxlebener Straße) und Salon Schirmer (Bischofstraße), beim Jeansladen Blue Denim in der Hohenerxlebener Straße und der Physiotherapie Gregoire am Luisenplatz. „Alle bekommen anfangs 20 Exemplare. Dann schauen wir weiter“, sagt Schäfer.

Wobei vorauszusehen ist, dass die Bücher schnell weggehen. „Staßfurts alte Mitte“ war nach neun Monaten vergriffen und wird auch nicht neu aufgelegt. Eine Neuauflage ist auch beim neuen Buch nicht wahrscheinlich, weil das nicht rentabel ist für den Geschichtsverein. „Wir wollen es günstig halten“, so Schäfer. Zehn Euro, mehr wird das Buch nicht kosten. Wie schon der Fotoband über Staßfurts Zentrum.

Und wie hat sich Leopoldshall nun über dir Jahrzehnte verändert? „Was sofort auffällt, ist, dass es früher in fast jeder Straße Bäume gab. Die Häuser hatten alle Vorgärten“, sagt Karl-Michael Beyer. Damals waren die Straßen freilich noch nicht so breit, es war mehr Platz.

Neben dem geplanten Buch über Alt-Staßfurt gibt es zudem noch weitere Ideen, die der Geschichtsverein noch nicht preisgeben möchte. „Wir haben einiges in petto“, sagt Rico Schäfer, lächelt dabei und lehnt sich zurück. Mit den Büchern schafft der Geschichtsverein Identität, sorgt für Heimatverbundenheit und Lokalpatriotismus. Etwas was die schwindene Stadt Staßfurt mehr den je gebrauchen kann.

Staßfurter Geschichtsverein bringt Buch über den Stadtteil Leopoldshall heraus