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Staßfurts Straßenbahn feiert in diesem Jahr ihr 125-jähriges Jubiläum

125 Jahre Straßenbahn

Artikel vom 12. Juli 2025

Von Rico Schäfer

Staßfurt. Nach 57 Jahren, am 31. Dezember 1957, endete eine Ära in unserer Stadt. Staßfurt hatte eine Straßenbahn, deren Gleisnetz von Löderburg über Staßfurt bis Hecklingen und zurück reichte. Für einige Jahre war auch bis zum Bahnhof Staßfurt ein Gleisanschluss befahrbar. Aus der Not heraus geboren, die vielen Arbeiter der Kohlegruben, Schächte und Fabriken von und zu ihren Arbeitsplätzen zu befördern, kam es im März 1899 zwischen der Stadt und der „Continentale Eisenbahn-Bau und Betriebsgesellschaft Berlin“ zum Vertragsabschluss über den Bau einer Straßenbahn in Staßfurt.

Die Zentrale wurde im Athenslebener Weg errichtet, dort, wo heute die Staßfurter Stadtwerke ihr Domizil haben. Das Gleisnetz wurde zügig aufgebaut, und bereits am 10. April 1900 war der erste Teil des Streckennetzes betriebsfähig und befahrbar. Aber erst am 6. Juli 1900 – nach Fertigstellung des zweiten Abschnitts – gab die „Continentale“ offiziell den Startschuss für die Staßfurter Straßenbahn. Für viele Arbeiter eine Erleichterung, konnten sie doch fortan ihre Anfahrtszeiten zu den Betrieben erheblich verkürzen.

Die Straßenbahn fügte sich über die Jahre ins Stadtbild ein, mit Oberleitungen, Gleisen, Weichen und Ausweichen. An einigen wenigen Gebäuden kann man auch heute noch die Wandhaken zur Befestigung der Oberleitungen erkennen.
Dass eine Straßenbahn im zunehmenden Verkehr nicht ohne Probleme fahren würde, zeigten einige Unfälle. Auch waren in späteren Jahren aufgrund der zunehmend schlechteren Gleiszustände Entgleisungen der Wagen gar nicht so selten. Die Bahn überlebte zwei Weltkriege und konnte auch trotz zunehmender Absenkung der Innenstadt durch Bergbaufolgen weiter betrieben werden. Die Gelder dafür waren aber in den Anfangsjahren der DDR-Zeit nicht mehr in ausreichendem Maße vorhanden. Ein einziger Neuwagen, den die Bahn in ihrer gesamten Zeit erhielt, war der im Waggonbau Gotha 1954 gebaute und 1955 in Dienst gestellte TW 20 (Triebwagen). Leider fuhr er nur noch knapp zwei Jahre, bis Juli 1957, hier wurde dann verkauft.

Der gesamte restliche Wagenbestand der Straßenbahn war überaltert und technisch überholt, das Gleisnetz teils desolat. Geld war für solche Instandsetzungen nicht da. Und so arbeiteten die damaligen Verantwortlichen der Stadt und der Behörden der DDR zielstrebig darauf hin, die Bahn stillzulegen. Übrigens: die erste Stilllegung einer Straßenbahn im damaligen DDR-Gebiet.

Als Ersatz wurde der neue Omnibusverkehr ab 1. Januar 1958 angepriesen, der allerdings in seiner Anfangszeit auch nicht den kompletten Bedarf abdecken konnte. Im Laufe der Jahre nach 1958 wurden dann die Wagen und Beiwagen der Bahn entweder an andere Straßenbahnen in der DDR verkauft oder zweckentfremdet/verschrottet.

So blieb nicht mehr viel, was an die alte Straßenbahn erinnerte … Bis im Jahre 2000 anlässlich des 100. Geburtstages der Staßfurter Straßenbahn – ein baugleicher Wagen wie der TW 20 aus Naumburg von der dortigen Bahn ausgeliehen und hier in der Steinstraße für einige Tage aufgestellt und besichtigt werden konnte. Bereits dort keimten die ersten Ideen, einen ehemaligen originalen Wagen der Staßfurter Bahn zurückzuholen. Leider fand sich vom alten Fuhrpark fast nichts mehr an. Nur der damals letzte neue Wagen, der TW 20, stand – nach langer Odyssee durch mehrere Städte und Umbauten in einem Seniorenheim in Naumburg als Caféwagen.

Der Geschichtsverein

Durch Initiative des damaligen Geschäftsführers der Stadtwerke Staßfurt, Volker Schulz, wurde dieser Wagen 2010 aus Naumburg nach Staßfurt zurückgeholt und auf dem Gelände der Stadtwerke aufgestellt und restauriert. Die Stadtwerke sind auch weiterhin verlässlicher Partner und Unterstützer des Projektes.
Mittlerweile, seit 2013, gehört der Wagen dem Staßfurter Geschichtsverein e.V., der bis heute Reparaturen im mittleren vierstelligen Eurobereich durchgeführt hat und sich mit viel Engagement und privatem Einsatz einiger Mitglieder um den Erhalt des letzten noch erhaltenen Wagens der Staßfurter Straßenbahn kümmert. Die Vereinsmitglieder wissen, dass man aus einer „alten Dame“ kein junges Mädchen machen kann. Der Verein hofft trotzdem, dass sich noch viele Staßfurter vor allem der jüngeren Generation – an der Bahn erfreuen und eine kleine Zeitreise machen können. In die Kindheit und Jugend ihrer Eltern und Großeltern, die die Bahn noch miterlebt haben.

Tag der Erinnerung am 26. Juli

Um an die Inbetriebnahme vor 125 Jahren zu erinnern, haben sich der Staßfurter Geschichtsverein e.V. und die Staßfurter Stadtwerke GmbH für Samstag, 26. Juli 2025, einen „Tag der Erinnerung“ auf dem Gelände der heutigen Stadtwerke, dem ehemaligen Depot der Straßenbahn, ausgedacht. Mit Vorträgen zur Stadtgeschichte und Geschichte der Straßenbahn, mit Bastelstraße für Kinder, Besichtigung des TW 20 und vielem mehr wollen die Organisatoren an die „Staßfurter Chlorodontschaukel“ erinnern.
Ein Höhepunkt der Veranstaltung ist der Buchverkauf des an diesem Tag erscheinenden Buchs zur Staßfurter Straßenbahn und ihrer Historie. „Tag der Erinnerung“ am Samstag, 26. Juli, Stadtwerke Staßfurt, Athenslebener Weg 15. Beginn der Veranstaltung ist um 10 Uhr.

Staßfurter Straßenbahn